Existenzlos

29 Mai

Nina Jäckle liest aus ihrem Roman „Zielinski“

Eine sanfte Stimme trägt die Worte durch den Raum. Man fühlt sich geborgen, aufgehoben in dieser kühlen, trockenen Luft im Keller des Zimmertheaters. Die schlagenden Sonnenstrahlen in den Straßen sind hier unten leicht vergessen, ich fühle mich beinahe wie der Protagonist in Nina Jäckle’s neuestem Roman „Zielinski“ – entrückt und entzweit von der eigentlichen Realität dort draußen.

Der Rhythmus der Sätze verstärkt sich durch diese wahnsinnige Intensität von Nina Jäckle’s Stimme, ich werde in ihren Bann gezogen, tauche tief ab und lasse die Gedanken eines Wahnwitzigen auf mich wirken. Sie beschreiben einen Menschen, dessen Existenz wortwörtlich von einer mit königsblauem Samt ausgekleideten Kiste überbaut und verdrängt, mit dem perfekten Eindringling Zielinski besetzt wird.

Gedanken sind gefährlich, lautet ein Satz des Buches. Sie entziehen dem Subjekt die Realität, lange Zeit gelingt es dem Ich-Erzähler sich an Ordnungssystemen festzuhalten – er misst Fieber, er sagt das Alphabet auf. Er krallt sich so lange an Worte und Zahlen, bis auch diese keinen Sinn mehr machen und nur noch der Holzkistenbesetzer Zielinski die neue Realität ist.

Dienstag ist der Tag, an dem mir das Wohlwollen ausgegangen ist, lautet ein anderer Satz des Romans. Sonntag ist der Tag, an dem die Autorin Nina Jäckle mehr als nur das Wohlwollen der Zuhörer gewonnen hat.

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